Minderjährig oder doch schon Mitte 30? (Drucksache – 0965/V)
9. Januar 2018

Große Anfrage der AfD-Fraktion BVV Berlin Mitte vom 09.01.2018
Initiator: Fraktion der AfD (Herr Paetz)

Wir fragen das Bezirksamt:
Studien haben ergeben, dass viele minderjährige Flüchtlinge das Alter nicht korrekt angeben, um in den Genuss der sehr großzügigen deutschen Jugendhilfe zu kommen, nicht abgeschoben werden zu können, einen vereinfachten Nachzug von Familienmitgliedern zu genießen, uneingeschränkte kostenlose medizinische Hilfe zu erhalten oder bei Straftaten nur nach dem Jugendstrafrecht verurteilt zu werden.Bei einer schwedischen Altersuntersuchung waren sogar 80% der untersuchten Jugendlichen, die angegeben haben minderjährig zu sein, über 18 Jahre.

1. Wie viele minderjährige Flüchtlinge sind 2017 dem Bezirk Mitte von der Erstaufnahme und Clearingstelle (EAC) überstellt worden?

2. Wie viele minderjährige Flüchtlinge sind 2017 allen anderen Bezirken überstellt worden?

3. Wurden 2017 weitere UMF erstmals vom Jugendamt Mitte dauerhaft betreut die nicht via EAC gekommen sind? Wie sind dabei gegebenenfalls die Details?

4. Hat es 2017 Fälle gegeben oder irgendeinmal in früheren Jahren, bei denen das Jugendamt Mitte eine Altersbestimmung initiiert hat?

5. Hat das Jugendamt Mitte das Recht eine Altersbestimmung zu beantragen und wie genau wäre der Ablauf?

6. Welche Kosten sind dem Bezirk Mitte 2017 durch den unter 1. genannten Personenkreis insgesamt und p.P. entstanden?

7. Unter welche einzelnen Haushaltspositionen sind diese Kosten verbucht?

8. Wie wird die Wirtschaftlichkeit der Hilfen für die UMF durch die externen Träger geprüft und sichergestellt?

9. Wie viele UMF sind in Mitte bei Pflegefamilien untergebracht und wie verhalten sich die Kosten im Vergleich bei einer Unterbringung in einer Einrichtung?

10. Wie viele und welche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten wurden 2017 von minderjährigen Flüchtlingen begangen, für die das Jugendamt Mitte zuständig ist und welche Konsequenzen gab es im Einzelnen?

11. Gab es Mehrfach- bzw. Intensivtäter und wenn ja, wie viele Straftaten / Ordnungswidrigkeiten wurden pro Mehrfachtäter jeweils begangen?

12. Welche in Deutschland anerkannte Schul- und Berufsausbildung haben die UMF im Einzelnen mitgebracht. Wie viele Analphabeten waren dabei?

13. Wie viele UMF gehen in eine Regelklasse, wie viele gehen in eine Willkommensklasse oder „Internationale Klasse“ (meint Klasse ohne deutsche Muttersprachler)?

14. Haben die UMF, die die Regelschule besuchen das gleiche Alter, wie ihre einheimischen Klassenkameraden bzw. wie sieht das im Einzelnen aus?

15. Wie viele UMF befinden sich in einer regulären Berufsausbildung, direkt in einem Unternehmen? Um welche Berufe handelt es sich im Einzelnen?

16. Wie viele UMF befinden sich in einer geförderten Berufsausbildung? Um welche Berufe handelt es sich im Einzelnen?

17. Wie viele der UMF waren weiblich und wie viele waren männlich?

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Antwort des Bezirksamtes am 01.06.2018:
Zu Frage 1:

In die Zuständigkeit des Jugendamtes Mitte sind im Jahr 2017 insgesamt 42 UMF übergegangen, davon 39 männlich und 2 weiblich.

Zu Frage 2:

Gemäß der Mitteilung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sind im Jahr 2017 insgesamt 695 UMF in die Zuständigkeit aller Berliner Bezirke übergegangen.

Zu Frage 3:

3 UMF sind ohne EAC in die Zuständigkeit des Jugendamtes Mitte übernommen worden. Davon wurden zweiüber eine Beratungsstelle vermittelt, einer war ein Selbstmelder.

Zu Frage 4:

Vom Jugendamt Mitte wurde keine Altersdiagnostik initiiert. Im Jahr 2017 hat es zweiFälle gegeben, in denen das Jugendamt eine Altersfeststellung auf Veranlassung/Antragstellung der externen Vormünder veranlasst hat.

Zu Frage 5:

„Das Jugendamt hat im Rahmen der (vorläufigen) Inobhutnahme einer ausländischen Person deren Minderjährigkeit anhand von Ausweispapieren oder ähnlichen Dokumenten, aus denen das Alters der Person eindeutig hervorgeht, festzustellen bzw. hilfsweise mittels einer „qualifizierten Inaugenscheinnahme“ das Alter einzuschätzen und festzustellen.“„In Zweifelsfällen hat das Jugendamt auf Antrag des/der Betroffenen oder seines/ihres Vertreters oder von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung zur Alterseinschätzung der mutmaßlich minderjährigen ausländischen Person zu veranlassen (§ 42f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Diese gilt sowohl für das § 42a-Jugendamt als auch für das § 42-Jugendamt.“(„Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen“, Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter)Für den Bezirk bedeutete in Bezug aufgenannten zweiFälle, in denen der Vormund eine Altersfeststellung beantragt hatte, dass ein Auftrag an die Charité zur Erstellung einer Altersdiagnostik erteilt wurde. Kostenträger ist der Auftraggeber.

Zu Frage 6:

In 2017 wurden für den Personenkreis der UMF 5,122 Mio. € für 202 Personen ausgegeben.Die Kosten pro Person belaufen sich damit im Durchschnitt auf 25.352 €.

Zu Frage 7:
Die Ausgaben erfolgten im Kapitel 4040 Titel 67154 mit 103.696 € und im Kapitel 4042 mit den Titeln
67104 -4.768.355 €
67142 -89.054 €
67130 -15.063 €
67153 -52.103 €
67184 -38.374 €
67187 -54.446 €
Zu Frage 8:

Im Rahmen der Hilfeplanung findet eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die zuständige Sozialarbeiterin/den zuständigen Sozialarbeiter statt. Geprüft wird, inwieweit die vereinbarten Ziele erreicht wurden. Bei Verlängerungen von stationären Hilfen wirdein sogenanntes „Fallteam“ gebildet, an dem der/die zuständige SozialarbeiterIn, die AG Hilfen zur Erziehung und die Regionalleitung mitwirken. Diese Verfahren geltenfür alle jungen Menschen gleichermaßen. Als wirtschaftlich wird eine Hilfe bezeichnet, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit und Erforderlichkeit positiv geprüft wurde.Gemäß des Berliner Rahmenvertrages bestehen Entgeltvereinbarungen, die die freien Träger der Jugendhilfe mit der Senatsverwaltung für Jugend abschließen.

Zu Frage 9:

Der Bezirk Mitte ist Kostenträger für siebenUMF in Pflegefamilien. Die Kosten für junge Menschen in Pflegefamilien sind weitaus niedrigerals die Kosten im Rahmen einer stationären Maßnahme gem. § 34 SGB VIII(z.B. Unterbringung im Betreuten Einzelwohnen oder in einer Wohngemeinschaft).Die Kosten differieren je nach Alter des jungen Menschen und dessen Bedarf. Ein Pflegestelle mit erweitertem Förderbedarf kann bis zuca.1.600€ monatlich kosten. Eine Hilfe gem. § 34 SGB VIII inklusivealler Kosten (Betreuung, Miete, Hilfe zum Lebensunterhalt) bis zu ca. 2.800€ monatlich.

Zu Frage 10:

Minderjährige Geflüchtete werden in der bezirklichen Jugendgerichtshilfe Mitte –Jugendhilfe im Strafverfahren –nicht gesondert erfasst. Die Auswertung nach tatsächlichen Tatzeiten würde eine umfangreiche Daten-und Aktenauswertung erfordern.Die Daten lassen sich zeitnah lediglich über die Anklageeingangsdatei und das Anwenderprogramm ‚Jughost‘ weitgehend erfassen. Auswertungszeitpunkt der Daten ist der 12.01.2018.Im Jahre 2017 gingen 52 Anklagen -die 27 jugendliche Geflüchtete betrafen -bei der Jugendgerichtshilfe Mitte ein. Für achtPersonen gingen mehr als eine Anklage ein.

Es wurden insgesamt 78 Straftaten angeklagt. Im Einzelnen handelt es sich um:Diebstahl:
Diebstahl: 53
Körperverletzung: 6
Nötigung: 1
Beleidigung: 1
BTM-Vergehen: 5
Sachbeschädigung: 5
Verkehrsvergehen: 1
Leistungserschleichung: 4
Hehlerei: 1
Zollvergehen: 1

Über die Anzahl der Ordnungswidrigkeiten kann nur insofern eine Aussage getroffen werden, als dass eine entsprechende Zuständigkeit der Jugendgerichtshilfe in Ordnungswidrigkeitsverfahren dann besteht, wenn durch das zuständige Jugendgericht die Umwandlung einer Geldbuße in Arbeitsleistungen beschlossen wird. Die Vermittlung dieser Arbeiten obliegt der Jugendgerichtshilfe. Im Bezirk Mitte war dies im Jahre 2017 hinsichtlich der betreffenden Personengruppe nicht erfolgt.

Die in 2017 getroffenen jugendrichterlichen Maßnahmensind:
Freizeitarbeiten: 6
Betreuungsweisungen gem. § 10 JGG: 2
Einstellungen gem. §§ 45, 47 JGG nach richterlicher Ermahnung: 4
Jugendstrafen ohne Bewährung: 2Dauerarrest: 1Untersuchungshaft: 1
Einstellungen gem. § 154 S tPo: 1
Einstellungen gem. § 205 S tPo: 12
Noch nicht verhandelte Anklagen: 16.
Die Differenz der Maßnahmen zu den eingegangenen Anklagen ergibt sich aus Verbindungen und gemeinsamen Verhandlungen von Anklagen.
Zu Frage 11:
Für zwei Jugendliche sind bei der Jugendgerichtshilfe Mitte mehr als fünf Anklagen in 2017 eingegangen. Hier waren jeweils 13 bzw. 15 Diebstähle angeklagt.Bei der Staatsanwaltschaft Berlin wird ein Jugendlicher, der in 2017 in zwei Anklagen betroffen war, als Intensivtäter geführt.Im Programm der täterorientierten Ermittlung (TOE) bei der Polizeidirektion 3 ist keiner der im Jahre 2017 angeklagten Jugendlichen als kiezorientierter Mehrfachtäter (KoMT) verzeichnet.
Zu Frage 12:
Die Zahlen werden nach Auskunft der Schulaufsicht (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie) nicht explizit erfasst.
Zu Frage 13:
Die Zahlen werden nach Auskunft der Schulaufsicht (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie) nicht explizit erfasst.
Zu Frage 14:
Die Zahlen werden nach Auskunft der Schulaufsicht (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie) nicht explizit erfasst.
Zu Frage 15:
Keine.
Zu Frage 16:

1 UMF im Bereich Anlagenmechaniker

1 UMF im Bereich Metallbauer / Fachrichtung Konstruktionstechnik

Die Jugendberufshilfe bietet auch Unterstützungsangebote im Bereich der Berufsorientierung oder Berufsvorbereitung an. Hier ist die Teilnehmerzahl bezogen auf den Personenkreis deutlich höher.

Zu Frage 17:

Siehe Frage 1.
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Für Rückfragen steht Ihnen der Fraktionsvorsitzende, Eckhard Paetz telefonisch unter 030/22187848 oder per Mail presse@afd-fraktion-mitte.de zur Verfügung.