Wir fragen das Bezirksamt:
Mündliche Beantwortung der Großen Anfrage:
Zu den Fragen 1 und 2:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Das Thema hat ja viele bewegt, insofern bin ich froh, die Möglichkeit zu haben, hier etwas darzustellen. Ich denke, es ist wichtig und auch gar nicht anderes möglich, dass ich, bevor ich in die einzelnen Fragen gehe, ein paar Vorbemerkungen mache, sowohl zu dem Gegenstand, um den es eigentlich geht, das „doppelte Berlin“ – die Themenbahnhöfe sind ein Ausschnitt aus diesem großen Projekt –, und auch zur Person von Thomas Flierl, woraus sich dann auch ergibt, warum er quasi ein Alleinstellungsmerkmal mit sich trägt, das zu seiner Auswahl geführt hat. Ich möchte auch eine Bemerkung zu dem Bürgerverein Hansaviertel machen, der bei dem Aufbringen dieses Themas eine wesentliche Rolle hatte, und möchte dazu sagen, dass diese sehr kritische Kommunikation seitens des Fördervereins in meine Richtung, die ich den Medien entnehmen musste, mit Bedauern zur Kenntnis nehmen muss. Aber sie macht mich darüber hinaus auch wirklich betroffen, denn ich habe mit dem Bürgerverein immer eine sehr gute Kommunikation gepflegt, ich war immer erreichbar, meine Handy-Nummer war bekannt und wurde auch spät am Abend oder am Wochenende immer wieder genutzt. Es gab sehr viele Veranstaltungen vor Ort, bei denen ich auch dabei war, zuletzt Anfang Dezember. Dort gab es einen Workshop, den mein Stadtplanungsamt dem Verein finanzieren konnte, der gut vorbereitet war und der auch gute Ergebnisse gebracht hat. Da waren Bezirksverordnete mit dabei, Herr Kurt, Herr Lötzer und Frau Kreitmair, und übrigens auch Herr Flierl. Das war die letzte Gelegenheit vor Weihnachten sozusagen, bei der man jede Zeit der Welt gehabt hätte, eben auch andere Themen zu vertiefen oder anzusprechen. Dass der Bürgerverein mir über den Checkpoint mitteilt, dass er eine Verlängerung dieses Vertragsverhältnisses verhindern möchte, finde ich erstaunlich. Ich habe dann auch per E-Mail bei dem Bürgerverein nachgefragt, ob diese Meldung richtig sei und es wurde mir hundertprozentig bestätigt, dass es so gemeint gewesen ist. Dazu muss ich sagen, sowas habe ich tatsächlich in meiner Zeit noch nicht erlebt, dass mir ein Bürgerverein oder eine andere zivilgesellschaftliche Organisation über diesen Weg erklären will, was ich zu tun oder zu lassen habe. Das macht mich eben sehr betroffen, das muss ich schon sagen.
Jetzt zum Projekt „Doppeltes Berlin“:
Es betrifft den Bezirk immens, weil es quasi ein Schlüssel zum Verständnis dieses Bezirkes ist. Er betrifft uns unmittelbar, wir sitzen ja in der Karl-Marx-Allee – Zweiter Bauabschnitt -. Dieser Ort war Gegenstand von kontroversen städtebaulichen Überlegungen, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Das Projekt „Doppeltes Berlin“ umfasst aber nicht nur diesen Abschnitt, Karl-Marx-Allee – Zweiter Bauabschnitt – , sondern auch den Ersten Bauabschnitt, der auch mal Stalinallee geheißen hat und der in Friedrichshain liegt. Der ist genauso Teil dieses Projekts, wie dann auch das Hansaviertel im ehemaligen Bezirk Tiergarten. Auch das Corbusierhaus in Charlottenburg wird immer mit dazu genommen. Unser Bezirk ist der Bezirk, der die prominentesten Berliner-Mauer-Abschnitte in seinen Bezirksgrenzen hat, und insofern ist das tatsächlich ein Schlüsselthema zum Verständnis, nicht nur stadtplanerisch, städtebaulich oder architektonisch, sondern auch gesellschaftlich. Deshalb möchte ich nochmal kurz rekapitulieren, dass 1989 der Mauerfall eben nicht zufällig damit einherging, dass der ganze Mauerstreifen völlig missachtet wurde und nicht Gegenstand von Aufmerksamkeit war, sondern alle froh waren, dass die Mauer wegkommt. Das betraf in Prinzip jeden Teil, bei dem es um die Mauer ging. Wenn sie wegkommt, war das erstmal gut. Das ist bezeichnend für die Phase gewesen. 1996 gab es das Planwerk Innenstadt, das für diesen Ortsteil hier vorsah, dass man die alten Straßenzüge wieder rekonstruiert und quasi verschränkt mit den gebauten Gebäuden dieses zweiten Bauabschnitts, was quasi eine völlige Umkehrung dieses Quartiers mit sich geführt hätte. Leider ist es so, dass nur noch wenige von Ihnen quasi Zeitzeugen dieser Auseinandersetzung waren. Mir ist eingefallen, dass Herr Bertermann, Herr Urchs und Herr Diedrich das sicherlich noch in den Knochen haben, das waren heftigste Auseinandersetzungen. 1999 gab es dann einen Beschluss dazu. Im Jahr 2000 war das Planwerk sogar Gegenstand des Deutschen Beitrags auf der Biennale in Venedig. Das war sozusagen die Krönungsmesse für dieses Projekt. Das war eben auch der Höhepunkt dieser Auseinandersetzung. Durch den Bruch des rot-schwarzen Senats und die Etablierung des ersten rot-roten Senats kam es dann tatsächlich zu einem Meinungsumschwung, auch was die Mauer selbst angeht, aber auch die Ideen des Planwerks für diesen Ort. Und so kam es dann zu einer Revision des Planwerks in den Jahren 2006 bis 2010. Das sage ich deshalb, weil ich zu der Zeit hier der Stadtrat gewesen bin und einen maßgeblichen Anteil daran hatte. Wir haben damals mit dem Planwerk und auch schon mit Thomas Flierl und mit Frau Lüscher daran gearbeitet, dieses Planwerk zu revidieren. Das ist eingemündet in das Planwerk „Innere Stadt“, das im Jahr 2010 verabschiedet worden ist. Damit einher ging auch die Unterschutzstellung der Mauerfragmente. Das bekam alles eine völlig andere Bedeutung. Ich erinnere an den Wettbewerb zur Gedenkstätte an der Bernauer Straße, wo die Mauer plötzlich sehr wertgeschätzt wurde. Die Erinnerungskultur war wichtig. Es kam dann 2012 der erste Welterbeantrag zu dem Thema „Doppeltes Berlin“. Wie ist es dazu gekommen? Es gab seit ungefähr 2000 diesen Umdenkungsprozess in der Bewertung der Ostmoderne, in der Bewertung der Westmoderne, und es wurden die Zusammenhänge eigentlich erst richtig erkannt. Man sprach von Koevolution der Moderne in beiden Systemen, und das führte zu der Erkenntnis, dass nicht nur das Nebeneinander sondern diese Bezugnahme aufeinander etwas total Einmaliges ist, das welterbeverdächtig ist. Der Welterbeantrag ist nicht erfolgreich gewesen, aber nicht weil wir da einen falschen Ansatz vertreten haben, sondern die die Kultusministerkonferenz mit den dazugehörigen Gremien sagte, der Gegenstand ist wichtig, aber noch nicht ausreichend erforscht. Das muss nochmal anders aufbereitet werden. Ich bin sehr froh, dass der Koalitionsvertrag 2017 dieses Thema wirklich verankert und sagt, das muss weiter entwickelt werden. Es ist übrigens auch bezeichnend, dass auf der Architekturbiennale im letzten Jahr der Umgang mit der Mauer und den Quartieren, die zu diesen Mauerstreifen gehören, auch wiederum Gegenstand der Debatte waren und quasi eine völlig andere Bewertung vornahmen als das im Jahr 2000 noch der Fall gewesen ist.Aktuell hatte ich gestern die Möglichkeit mit dem neuen Landeskonservator, Herrn Rauhut, über die Frage zu sprechen, wie der Stand der Dinge gesehen wird und er hat mir nochmal bekräftigt, dass alles daran gesetzt werden muss, die Welterbefähigkeit dieses Projektes zu erhalten. Dass auch das Landesdenkmalamt in den nächsten zwei Jahren beabsichtigt, die Forschung mit Kolloquien und anderen Dingen weiter zu vertiefen und voranzutreiben. Er hat mir gesagt, natürlich soll ein neuer Antrag vorbereitet werden. Das ist nachwievor Ziel der ganzen Übung. Insofern bin ich auch ein bisschen erstaunt, woher der Bürgerverein die Information verbreitet hat, dass dies ja gar nicht mehr der Fall sei. Das ist völlig klar dementiert.
Jetzt zur Person Thomas Flierl.
Auch das ist mir wichtig, in diesem Kreis nochmal herauszuarbeiten. Er ist ja nicht irgendjemand. Er hatte hier seine politische Geschichte auch im Bezirk Mitte in einem ganz starken Maße. Er ist ja auch einer meiner Vorgänger, zwischen uns war Frau Dubrau über zwei Amtsperioden. Ich denke, das kann auch ein Punkt sein, bei dem wir auch ein bisschen Wertschätzung rückblickend auf das Wirken dieses Stadtrates leisten. Das war die Phase, in der das Ahornblatt abgerissen werden musste, in der die Debatte um den Abriss des Palastes der Republik den Höhepunkt erreichte und der Bundestag in diese Entscheidung auch involviert war. Da war er Stadtrat und ich glaube, das war sehr sehr wichtig, überhaupt auch für das Zusammenwachsen der Stadtgesellschaften in dem Inneren bzw. überhaupt in Ost- und West-Berlin war das wichtig, weil er eine erstmals deutliche und laute und eben auch fachkundige Stimme für die Ostmoderne erheben konnte und das damit auch wirklich auf die Tagesordnung brachte. Er war von 2002 bis 2006 auch Senator. Ihm ist es zu verdanken, dass die Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße so gut das Licht der Welt erblickt hat. Auch dafür gebührt ihm Dank. Er ist danach eben nicht ein abgehalfteter Politiker, sondern er ist ein ganz seröser Stadtforscher geworden und ein Wissenschaftler, der die Moskauer Archive durchgeht, um dort Zusammenhänge in der Stadtentwicklung, in Ost-Deutschland, in Ost-Berlin mit dem Superblockdominator Sowjetunion herauszuarbeiten. Und er ist bei Weitem nicht und niemals ein Lobbyist geworden, der versucht Privaten bei der Durchsetzung von Projekten zu helfen. Das muss man mal ganz deutlich sagen. Es ist sehr schön, dass er den Welterbeantrag im Auftrag des damaligen Landeskonservators maßgeblich mitgeschrieben und auch danach heftig daran gearbeitet hat, diese Erforschung des Gegenstandes weiter vorzubereiten.
Damit bin ich eigentlich schon fließend zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 gekommen, warum eigentlich diese Person wie kein Zweiter dafür geeignet ist, die Koordination dieser Erhaltung des Welterbestatus voranzutreiben. Wenn Sie in der Frage 2) fragen, welche genauen Kriterien für die Eignung festgelegt wurden, sind diese aus meiner Sicht ganz klar. Es ging erst einmal um eine Koordinationsleistung, nicht um einen Partizipationsprozess, das wird vielleicht auch hin und wieder verwechselt. Darum geht es nicht, sondern es ist ein Koordinationsprozess, der hier geleistet werden muss. Er hat wissenschaftlich fundiertes Expertenwissen, das habe ich, glaube ich, hinreichend ausgeführt. Er hat hervorragende Kenntnisse über die Administration in den Bezirken und im Landesdenkmalamt und im Senat. Das ist einfach erforderlich, wenn man da koordinieren will, dass man weiß, wie das intern funktioniert. Und er hat natürlich die Kenntnisse von weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren, die sich um dieses Thema herumranken, denn es ist unbestritten, dass zum Beispiel auch der Bürgerverein bei der Antragstellung und bei der Aufbringung dieses Themas einen wichtigen Anteil gehabt hat. Er kennt auch andere Partner, die hier ebenfalls von Bedeutung sind, wie die Wohnungsbaugesellschaft, die Bundeskulturstiftung, die BVG, Visit Berlin und wer da noch alles eine Rolle spielt.
Zu Frage 3:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Dazu kann man sagen, dass auf Basis der Abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages eine Rechnungslegung eingegangen ist, die detailliert den Arbeitszeitnachweis dokumentiert. Das wird im Fachbereich der Stadtplanung erledigt.“
Zu Frage 4:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Dazu ist zu sagen, dass das bisher noch nicht passiert ist. Bei der Koordination dieses Themas ging es darum, dass man die notwendigen Akteure, die hier unter einen Hut gebracht werden müssen, mit Sondierungsgesprächen zueinander bringt. Dazu gehört in diesem Fall die BVG, der Hauptstadtkulturfond, die Senatsverwaltung für Wirtschaft, die Visit Berlin, das Forum für Geschichte und Gegenwart, der Bürgerverein Hansaviertel sowie die Wirtschaftsförderung des Bezirkes und der Präventionsbeauftragte des Bezirks. Sie gehen alle in die Koordination ein, bei der Erarbeitung dieses Projektes „Themenbahnhöfe“, das federführend, inhaltlich und sozusagen in der Verschriftlichung beim Landesdenkmalamt liegt.“
Zu Frage 5:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Das ist der Bahnhof am Hansaplatz, sowie Schillingstraße und der Bahnhof Weberwiese in der Karl-Marx-Alle – Erster Bauabschnitt -.“
Zu Frage 6:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Es ist so, dass die Antragstellung vorbereitet wird, um bei der Wirtschaftsförderung einen guten Antrag zu schreiben, der auch den Zuschlag erhalten soll. Das liegt in der Federführung des Landesdenkmalamtes. Das übergreifende Ziel dieser Themenbahnhöfe ist wie folgt beschrieben: [„Die Nutzung der drei Bahnhöfe für architektur- und planungsgeschichtliche, zeitgeschichtliche und aktuelle Information sollte sich stimmig in ein historisch-touristisches Gesamtkonzept im Rahmen einer übergreifenden Geschichtsdarstellung über Konfrontation, Konkurrenz und wechselseitige Beeinflussung der drei Bauensembles im ehemals geteilten Berlin einordnen. Basisinformationen über das je betreffende Gebiet und seine Stellung im städtebaulichen und historischen Gesamtzusammenhang soll mit Verweisen auf die jeweils zwei anderen Gebiete kombiniert werden. Die Bezirke und die lokalen Initiativen – dazu gehört dann auch der Bürgerverein – sollen die Gelegenheit erhalten, sich mit speziellen, auch temporär wechselnden Projekten in die Gesamtdarstellung einzubringen. Über einen Beirat sind wissenschaftlich-historische Expertise und Mitwirkung lokaler Initiative zu koppeln. Das ist quasi der Gegenstand dieses Projektes für die „Themenbahnhöfe“.“
Zu Frage 7:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Dazu gibt es in § 55 der Landeshaushaltsordnung (LHO) und den dazu gültigen Ausführungsvorschriften den Hinweis, dass die freihändige Vergabe zulässig ist, wenn für die Leistung aus besonderen Gründen nur ein Unternehmen in Betracht kommt. Dazu gibt es auch einen Vergabevermerk, den ich als Beauftragter des Haushaltes für meine Abteilung unterschrieben habe. Der ist natürlich nicht von mir geschrieben, sondern vom Stadtplanungsamt nach reiflicher Überlegung und sorgfältiger Verschriftlichung. Das war dann eben der Vergabevorgang für diese Leistung.“
Zu Frage 8:
Herr BzStR Gothe antwortet: „Der Vertrag ist am 31. Dezember 2018 ausgelaufen. Es ist beabsichtigt, den weiteren Prozess in der BBVV und auch im Abgeordnetenhaus zu diskutieren, vorzustellen, weiter abzustimmen, natürlich auch mit den beteiligten Senatsverwaltungen. Hierbei wird auch noch das Ergebnis eines Workshops eine Rolle spielen. Was die weitere Koordination angeht, da gibt es verschiedene Modelle für das Wie des Managements. Drei Modelle sind diskutiert worden, was in dem Ausschuss nochmal dargestellt werden kann. Das will ich hier nicht strapazieren. Im Landesdenkmalamt – das hat mit der Landeskonservator auch nochmal bestätigt – ist ein weiteres Budget für die Projektkoordinierung vorgesehen. Es kann somit durchaus sein, und nach dem Vorlauf würde ich dafür auch ein stückweit werben, dass das dann auch in der Regie des Landesdenkmalamtes erfolgt. Es sei auch nochmal daran erinnert, dass diese Vorleistung, in die das Bezirksamt gegangen ist, in den zwei letzten Jahren, damit zu tun hatte, dass wir als Akteure, Senatsverwaltung und wir Bezirke – Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg gehören mit dazu – überlegt haben, wie der Startschuss gegeben werden kann, um den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag zu erfüllen. Da habe ich aus pragmatischen Gründen gesagt, Ich kann das tatsächlich quasi leisten und mir da den Hut aufsetzen, bis dann über den nächsten Doppelhaushalt eine richtige Struktur von anderer Stelle, vielleicht vom Landesdenkmalamt, dann die Federführung übernimmt.“
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