Initiator: Fraktion der AfD ( Herr Paetz )
Ich frage das Bezirksamt:
Antwort des Bezirksamtes auf der BVV am 22.11.2018 :
Herr BzStaR Gothe: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Fraktion der AfD. Ich möchte zunächst etwas zur ersten Hälfte der Überschrift sagen. Das Vorkaufsrecht sieht politisch gut aus. Ich möchte ergänzen, dass es nicht nur gut aussieht, sondern auch wohnungs- und mietenpolitisch absolut erforderlich ist. Ich möchte daran erinnern, dass der Kauf eines alten Mietshauses, das zu modernisieren und umzuwandeln in Eigentumswohnungen und diese dann innerhalb von drei Jahren zu verkaufen, derzeit das lukrativste Immobiliengeschäft auf dem Markt ist. Wir leben in einem Bezirk, der sich dadurch auszeichnet, dass er zwischen der stärksten Ungleichheit zwischen arm und reich im Bezirksvergleich verfügt. Im Wedding haben wir eine besonders arme Bevölkerung, die unter diesen Tendenzen besonders empfindlich leidet. Wir sind übrigens auch der Bezirk, der in den letzten 10 Jahren den niedrigsten Einkommenszuwachs im Vergleich zu allen anderen Bezirken zu verzeichnen hat. Das heißt, dass die Kaufkraft, um eine Mieterhöhung abzufedern, ist vergleichsweise schwach gestiegen. Das ist ein Anlass hier besonders sensibel zu sein. Wir sind in diesen Quartieren, zusammen mit Neukölln, der Bezirk, der den höchsten Kinderanteil hat, die armutsgefährdet sind. Das sind alles Argumente, um hier besonders sensibel zu sein. Somit brauchen wir den Milieuschutz in zweierlei Hinsicht. Wir brauchen ihn, um bei der Modernisierung Genehmigungsvorbehalte geltend machen zu können und wir brauchen ihn, um ein Umwandlungsverbot durchzusetzen. Wenn es diese Gesetzeslücke nicht gäbe, die es erlaubt umzuwandeln, dann bräuchte man eventuell auch nicht mal das Vorkaufsrecht. Da es diese Lücke gibt, sind wir zwingend auf dieses Vorkaufsrecht angewiesen. Deshalb sind wir dabei die fünf Gebiete, die wir noch haben, um sieben weitere Gebiete zu erweitern. Zwei sind dankenswerterweise heute beschlossen worden. Wir kommen so in die Lage, dass zukünftig 150.000 unsere 380.000 Einwohner in Milieuschutzgebieten leben werden. Das sind über 40 Prozent. Ich bin froh, dass wir diesen Schritt getan haben. Wir sind mit den anderen Innenstadtbezirken so weit, dass wir das Instrument des Vorkaufsrechts und des Milieuschutzes gemeinsam weiter stärken. Die Bezirke Treptow-Köpenick und Lichtenberg haben sich bereits angeschlossen. Die Finanzverwaltung und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind mit im Boot. Wir haben als Innenstadtbezirke verabredet, dass wir zukünftig auch Statistiken führen, um Vergleichbarkeiten herzustellen und insgesamt auf dem Laufenden zu sein. Die Abgeschlossenheitsbescheinigungen werden ab sofort zurückgestellt, so lange nicht die anderen Dinge, die genehmigungsrechtlich geprüft werden müssen geprüft sind. Wir machen einen Erfahrungsaustausch mit der Stadt München. Wir nehmen neuerdings auch die Mietpreisbremse in unsere Abwendungsvereinbarungen auf, um hier auch sicher zu sein, dass in Zukunft in diesen Wohnungen, wo wir eine Modernisierungsgenehmigung haben, bei Wechsel des Mieters, die Mietpreisbremse auch wirklich berücksichtigt wird. Wir haben als letztes vorgeschlagen, dass ein Fond eingerichtet wird, um den Vorkauf durch Wohnungsbaugesellschaften noch schneller und einfacher über die Bühne zu bringen. Zum zweiten Teil der Überschrift, es schafft keinen neuen Wohnraum, das ist richtig. Ich hoffe, dass ich Ihnen trotzdem darlegen konnte, warum es richtig ist, das Vorkaufsrecht wirklich scharf auszuüben.
zu Frage 1:
Es sind keine Kosten bis auf die Arbeitszeiten meiner Mitarbeiter und mir selber entstanden.
zu Frage 2:
Ja, die erfolgt durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die das Vorkaufsrecht ausüben sollen.
zu Frage 3:
Herr BzStaR Gothe antwortet: Dazu muss nochmal gesagt werden, dass das Städtebaurecht und das Milieuschutzrecht nicht darauf zielt individuellen Mieterschutz zu gewährleisten, sondern es zielt darauf, eine städtebauliche Struktur unter sozialen Gesichtspunkten zu erhalten. Indirekt bewirkt dieser Erhalt der Struktur den Erhalt der Bewohnerstruktur, die in diesen Quartieren wohnt. Das ist es, was das Bezirksamt mit dieser Politik eben auch bezweckt. Vielen Dank.
Herr Paetz (AfD): Sehr geehrter Herr Gothe, vielen Dank für die Beantwortung der Anfrage. Eines möchte ich noch berichtigen. Ich hatte ausdrücklich geschrieben, welche Kosten entstanden im Bezirk. Das ist aber okay. Für mich ist Vorkaufsrecht wirklich das allerletzte Mittel. Hier scheint doch eine allgemeine Euphorie zu sein, dass das Vorkaufsrecht das Mittel der Wahl ist. Das Mittel ist sowieso begrenzt. Wie viel Geld, wie viele Millionen hätte der Bezirk zur Verfügung? Nach ein Paar Häusern wäre finanziell Schluss.
Herr BzStaR Gothe antwortet: Der Bezirk hat für solche Maßnahmen selber kein Geld. Wir haben dafür keinen Titel. Deshalb liegt es an der Finanzverwaltung mit Geld zur Seite zu stehen, falls die Wirtschaftlichkeit durch eine Wohnungsbaugesellschaft geprüft wird und die Wohnungsbaugesellschaft zu der Überzeugung kommt, dass es sich wirtschaftlich nicht trägt, diesen Vorkauf auszuüben, wenn sie gleichzeitig die Bedingungen der Kooperationsvereinbarung mit dem Senat einhalten muss. Da stellt sich immer die Frage, wie viel Zuschuss benötigt wird, damit sich das Projekt am Ende rechnet. Das ist ein Prozess, der sich laufend verändert, auch was den Umgang damit angeht. Zunächst war es so, dass die Finanzverwaltung gesagt hat, wenn der Zuschuss zu dem Verkaufspreis bis zu zehn Prozent des Verkaufspreises ausreicht, damit dann eine schwarze Null in der Gesamtkalkulation erreicht wird, dann kann dieser Zuschuss durch die Finanzverwaltung gewährt werden. Die Finanzverwaltung kann das deshalb, weil sie sozusagen der Gesellschafter dieser Wohnungsbaugesellschaften ist. Das bedeutet, dass Geld des Landes von einer Schatztruhe des Landes in eine andere Schatztruhe des Landes verlagert wird, also aus dem Haushalt in das Vermögen einer Wohnungsbaugesellschaft, die zu 100 Prozent auch dem Land gehört. Deshalb ist das Verschieben dort möglich. Was dann passiert, wenn der Zuschuss noch höher sein muss, 15 Prozent oder 20 Prozent, das ist dann einem Prozess zuzuordnen, der nicht wirklich verwaltungstauglich ist, weil er bedeutet, dass man mit dem Finanzsenator und den Wohnungsbaugesellschaften telefonieren muss und besondere Begründungen vorliegen müssen, die diesen Zuschuss ermögli-chen. Wir, als Innenstadtbezirk, wollen, dass man dafür klare Regeln schafft, damit es einfach auch geschmeidiger umgesetzt werden kann. Wir wollen zudem, dass der Käuferszene absolut klar ist, dass das Land und die Bezirke immer in der Lage sind den Vorkauf auszuüben. Der Käufermarkt soll sich darauf einstellen, dass wenn sie die Immobilie wirklich haben wollen, sie eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen müssen. Wir sind der Überzeugung, dass wenn sich das einprägt in der Käuferszene, das auch dazu führt, dass nicht immer höhere Preise spekulativ aufgerufen werden. Die Käuferschaft weiß dann auch, was in der Abwendungsvereinbarung steht und was da zu beachten ist und muss seriös kalkulieren und wir das dann auch tun. Ich hoffe, dass sich das auf die Kaufpreisentwicklung solcher Immobilien dämpfend auswirkt.