Auf der Flucht – Berlin (Mitte) für Europas Start-ups nicht mehr mit die 1. Wahl ? (1583/V)
11. Dezember 2018

Große Anfrage der AfD-Fraktion BVV Berlin Mitte vom 11.12.2018
Initiator: Fraktion der AfD (Frau Schüler / Herr Paetz)

Wir fragen das Bezirksamt:
1. Start-ups flüchten vermehrt aus Berlin-Mitte. Ist dem Bezirk bekannt, wie viele und welche Start-ups in den letzten 3 Jahren aus Berlin-Mitte     abgewandert sind ?

2. Ist dem Bezirksamt bekannt, wie viele Start-ups es in etwa in Berlin-Mitte gibt, wieviel Mitarbeiter diese beschäftigen und welche Umsätze diese erwirtschaften ?

3. In Berlin Mitte gibt es über 80.000 Unterbeschäftigte, aber nur etwa 11.000 gemeldete Arbeitsstellen (Stand November 2018). Start-ups werten nicht nur ihr Umfeld auf, sondern schaffen nicht selten in kurzer Zeit eine nennenswerte Anzahl an neuen Arbeitsplätzen. Was unternimmt das Bezirksamt vor diesem Hintergrund, um die Fluchtbewegung von Start-ups aus Berlin Mitte zu stoppen ?

4. Mit wie vielen Start-ups sind die bezirkliche Wirtschaftsförderung oder andere Abteilungen des Bezirkes aktuell in Kontakt, welche Themen werden dabei ggf. behandelt und in welchen Fällen konnte ggf. und wie geholfen werden ?

5. Wo in Mitte gäbe es noch ausreichend Platz für Start-ups, und wie kommuniziert das ggf. der Bezirk in die Gründerszene hinein ?

6. Gibt es eine „aufsuchende Hilfe“ für Start-ups, mit anderen Worten, tritt der Bezirk aktiv an Start-ups heran oder wartet man ab, bis sich jemand von selbst meldet ?

7. Gibt es in Berlin-Mitte seitens des Bezirkes generell eine „Willkommenskultur“ für die Neuansiedlung von Firmen im Allgemeinen und für Start-ups im Besonderen und wie drückt sich das in der Praxis aus? Oder aber sieht man darin eigentlich einen Störfaktor, wie in anderen Bezirken von Berlin (z.B. Google-Campus), nach dem Motto, das Geld kommt via Zuteilung vom Land Berlin, von der Gewerbesteuer sieht der Bezirk ja sowieso nichts ?

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Antwort des Bezirksamtes am 20.12.2018 auf der BVV:
zu Frage 1 und 2:
Herr BzBm von Dassel antwortet: „Ich versuche Ihre Fragen zu beantworten, weise aber darauf hin, dass es nicht so einfach ist, da der Begriff der „Start-ups“ nicht definiert ist. Wir haben uns überlegt, wie wir ihn definieren können, was aber auch nicht dazu geführt hat, dass wir mehr aussagefähige Informationen haben. Eine Definition besagt, dass es sich bei Start-ups um kürzlich gegründete Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee handelt. Manche Institutionen nehmen als Merkmal auch noch hinzu, dass das Unternehmen auf schnelles und sichtbares Wachstum ausgelegt sein muss. Begriffe wie, „vor Kurzem gegründet“ sowie „innovative Geschäftsidee“ sind aber nicht untersetzt. Ich habe neulich ein vermeintliches Start-up am Leopoldcenter, am Leopoldplatz, besuchen können. Das ist eine Gründung der Volkswagen AG, Heycar, sie sind im Leasing-Autogeschäft, das Büro ist superinnovativ eingerichtet, aber ist das jetzt das klassische Start-up, wenn VW den Auftrag gibt, mit zweistelligen Millionenbeträgen etwas zu tun, oder ist das kein Start-up mehr? Das erschwert jetzt die Beantwortung. Daher können wir nur versuchen, die Zahl der Gewerbeanmeldungen als Indiz dafür zu nehmen, ob wir für Gewerbe zunehmend unattraktiv sind. Da ist es in der Tat so, dass die Zahl der Anmeldungen für Gewerbe seit 2015 von knapp 9.000 bis Ende des Jahres 2018 auf 7.500 zurückgeht. Da noch die eine oder andere Zahl kommt, würde ich Ihnen das auch schriftlich zur Verfügung stellen. Gleichzeitig die Abmeldungen von knapp 6.000 im Jahr 2015 auch auf über 6.000 angestiegen sind. Jetzt ist es aber so, dass Gewerbe nicht gleich Start-up ist. Deswegen vermuten wir, dass der leichte Rückgang bei den Gewerbeanmeldungen und aber auch bei den Gewerbeabmeldungen zum größten Teil auf eine rückläufige Tendenz zu Gewerbeanmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern aus östlichen EU-Staaten gründet. Sie wissen, man kann auch als Straßenmusikant oder als Fensterputzer ein Gewerbe anmelden, deshalb ist es sehr vielschichtig, was sich hinter einer Gewerbeanmeldung verbergen kann. Daher ist eben nicht auswertbar, wie sich dieFluktuation hier im Bezirk verhält. Ist es etwas Positives, weil wir wenige prekäre Anmeldungen haben, oder ist es etwas Negatives, weil innovative Unternehmen nicht mehr nach Berlin kommen. Die bezirkliche Wirtschaftsförderung ist natürlich im engen Kontakt mit dem Gründungsnetzwerk, das auch überwiegend geflüchteten Menschen beim Start in die Selbständigkeit hilft. Sie hat auch regelmäßig Kontakt zu 4-5 Start-ups aus Mitte mit dem Arbeitsschwerpunkt, den ich benannt habe, der ethnischen Ökonomie.Wenn Sie jetzt sagen, dass es wenig Start-ups sind und wir uns intensiver darum kümmern müssten, kann ich sagen, dass wir da durchaus Aktivitäten unternommen haben, aber eine Bezirksverwaltung ist nur von sehr bedingtem Interesse für Gewerbetreibende, insbesondere für Start-ups. Da geht es manchmal um die Anmeldung von Mitarbeitern, da kann man der einen oder anderen Stelle helfen. Aber wir als Wirtschaftsförderung oder auch als Bezirksverwaltung sind völlig außerhalb der Vorstellungswelt der neuen Gewerbetreibenden. Sie konzentrieren sich auf ihr Business und kommen zu uns nur, wenn sie Probleme haben. Die wollen wir möglichst vermeiden.“
zu Frage 3:
Herr BzBm von Dassel antwortet: „80.000 Unterbeschäftigte, aber nur 11.000 angemeldete Arbeitsstellen. Im Bereich der Neuansiedlung arbeitet die bezirkliche Wirtschaftsförderung eng mit der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH zusammen. Beide – wir haben uns da nochmal rückversichert – sind nicht der Auffassung, dass es eine massive Fluchtbewegung von Start-ups in Mitte gibt. Natürlich, da haben Sie vollkommen recht, ist es schwieriger geworden, geeignete Gewerbeobjekte zu finden, und Unternehmen müssen auch zunehmend höhere Mieten bezahlen oder auch länger nach geeigneten Immobilien suchen, dennoch gibt es noch Gewerbeflächen für Start-ups. Das Leopoldcenter ist da ein gutes Beispiel.“
zu Frage 4:

Herr BzBm von Dassel antwortet: „Zum Stand jetzt gibt es keinen direkten Austausch mit einem klassischen Start-up, also das, was wir darunter verstehen würden nach der Definition, die ich genannt hatte. das hat eben auch die Gründe, dass die Unternehmen vielfach andere Probleme haben, als sie meinen, wir lösen könnten.“
zu Frage 5:

Herr BzBm von Dassel antwortet: „Das gewerbliche Flächenangebot im Bezirk Mitte, wie auch gesamtstädtisch, ist grundsätzlich nicht ausreichend. Die Flächenpotenziale für Wirtschaftsansiedlung sind rückläufig. Gegenüber 2011, schätzen wir, haben Flächenpotenziale in der gewerblichen Flächenkulisse um rd. 20% abgenommen. Bei konkreten Bedarfsanfragen unterstützen die bezirklichen Wirtschaftsförderung immer in Kooperation mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH bei der Suche nach geeigneten Gewerbeobjekten. Wir sind gerade auch dabei, eine Form der Flächensicherung im Land Berlin vorzunehmen über den Stepp Gewerbe, als Stadtentwicklungsplan Gewerbe, der in der Endabstimmung ist und der wirklich das Ziel hat, Flächen für Gewerbetreibende zu sichern. Problem an diesem Plan ist, dass er nur Flächen beinhaltet, die größer als 2ha sind. Davon haben wir in Mitte natürlich kaum welche.“
zu Frage 6:

Herr BzBm von Dassel antwortet: „Durch die bezirkliche Wirtschaftsförderung wird keine aufsuchende Beratung durchgeführt. Das wollen wir aber auch demnächst ändern. Wir haben uns ja schon verabredet, dass wir in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, die bei der BEHALA stattfindet, auch nochmal unser fortgeschriebenes Wirtschaftsförderkonzept hier in Mitte vorstellen, und dabei auch die neue Kollegin, die wir dazu gewonnen haben, die insbesondere im Bereich der ethnische Ökonomie neue Impulse setzen wird. Die Wirtschaftsförderung bietet natürlich die Möglichkeit einer persönlichen, telefonischen und schriftlichen Beratung an. Informationen zu Förderprogrammen sind auf den Internetseiten der jeweiligen Fördermittelgeber zu finden und auch auf der Seite der bezirklichen Wirtschaftsförderung. Wenn dort Fragen eingehen, werden die auch innerhalb von 2-3 Tagen beantwortet. Es gibt verschiedene Förderinstitute: Existenzgründungsportal BMWi, das Startercenter Berlin, Gründungswerkstatt Deutschland, KfW Beraterbörse, Nexxt initiative Unternehmensnachfolge, all das gibt es, und ich könnte es noch sehr ausführlich ausführen. Das soll im Januar im Wirtschaftsausschuss thematisiert werden.“
zu Frage 7:
Herr BzBm von Dassel antwortet: „Auch hier wieder nur in Zusammenarbeit mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH. Diese hat ein umfangreiches Serviceangebot für Unternehmen im Sinne einer Willkommenskultur bereitgestellt. Es würde einfach wenig Sinn machen, wenn jede bezirkliche Wirtschaftsförderung auch noch eigene Packages erstellen würde. Hier sind beispielhaft genannt, dass „Business financing Package“, das „Business Location Package“, das „Business Talent Package“, das „Business Innovation Package“ und das „Business international Package“. Man merkt, in der Wirtschaftsförderung weihnachtet es sehr.“

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