Fehlerhafte Bescheide des Jobcenters Mitte – Wo liegen die Ursachen? (Drucksache – 1007/V)
13. Februar 2018

Große Anfrage der AfD-Fraktion BVV Berlin Mitte vom 13.02.2018
Initiator: Fraktion der AfD (Herr Paetz, Frau Schüler)
Wir fragen das Bezirksamt:

1. Laut Antwort auf die Schriftliche Anfrage 0302/V wurde 2015, 2016, 2017 jeweils 40%, 35% bzw. 39% aller Widersprüche/Beschwerden stattgegeben, d.h. die Zahl der Stattgaben blieb nahezu konstant. Halten Sie diese Quote für sachimmanent oder sehen Sie Möglichkeiten, diese zu senken?

2. Wenn ja: Welche Maßnahmen sind das und welche davon wurden wann umgesetzt?

3. Eine so hohe Quote an Stattgaben lässt vermuten, dass auch Bescheide, denen nicht widersprochen wurde, mangelhaft sein könnten. Hat das BA stichprobenartige Prüfungen von nicht beanstandeten Bescheiden veranlasst?

4. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

5. Laut Antwort auf die Schriftliche Anfrage 0302/V wurden 2015, 2016, 2017 jeweils 18%, 14% bzw. 15% aller Bescheide – denen widersprochen wurde – fehlerhaft erlassen. Die Fehlerursache lag hier zum größten Teil bei nicht korrekter Anwendung von Rechtsnormen aus dem SGBII und SGBX. Wurden die genannten Rechtsnormen bei den Mitarbeiterschulungen daraufhin besonders berücksichtigt? Hat das BA dies im Qualifizierungsplan Jobcenter der einzelnen Jahre berücksichtigt?

6. Falls ja, wie erklären Sie sich, dass die Fehlerquoten in den einzelnen Rechtsgebieten über die Jahre nahezu gleich blieben?

7. Laut Antwort auf die Schriftliche Anfrage 0302/V lagen dem überwiegenden Anteil der Stattgaben „keine Bearbeitungsfehler“ zugrunde. Inwiefern könnte laut Einschätzung des BA eine umfassendere Beratung der Kunden und Kundinnen dazu führen, dass „leistungserhebliche Sachvorträge“ und die „Einreichung neuer Unterlagen“ bereits bei der Beantragung korrekt beigebracht bzw. deren Nachreichung rechtzeitig veranlasst werden?

8. Wie oft gab es in den Jahren 2015, 2016 und 2017 „Änderungen der Rechts- und Weisungslage“, die für die Erteilung der Bescheide relevant waren?

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Antwort des Bezirksamtes am 19.02.2018:

Zu Frage 1:

Die Senkung der Stattgabequote ist eine strenge Zielstellung des Jobcenters Berlin Mitte, die beispielsweise im Rahmen von kaskadierten Jour fixes monatlich nachgehalten wird. Darüber hinaus soll eine kontinuierliche Qualitätssteigerung durch fachaufsichtliche Begleitung erreicht werden. Durch halbjährlich stattfindende Risikokonferenzen erfolgt eine (Neu-)Bewertung von Fehlerschwerpunkten aus eventuellen Revisionsergebnissen sowie den durchgeführten Fachaufsichtsprüfungen. Die im Jahr 2017 noch einmal angestiegene Stattgabequote ist u.a. auf die im Rahmen des 9. Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (9. SGB IIÄndG), eingeführte Norm des § 41a SGB II zurückzuführen. Aufgrund fehlender Rechtsprechungen, unzureichend bestimmter Bescheidvorlagen und mangelnder Praxiserfahrungen mussten eine Vielzahl erlassener Bescheide im Widerspruchsverfahren aufgehoben werden. Das Jobcenter Berlin Mitte hat auf die Fehler reagiert und detaillierte Arbeitshinweise in die Teams gegeben sowie Bescheidvorlagen neu erstellt.

Zu Frage 2:
Auf die Beantwortung zu Frage 1. wird hingewiesen.
Zu Frage 3:

Im Rahmen der Revision besteht für das Bezirksamt sowie die Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich die Möglichkeit, Vorgänge in Ihrer Gesamtheit nach Schwerpunktthemen zu prüfen. Durch das Bezirksamt erfolgte im Jahr 2017 keine Prüfung.

Zu Frage 4:

Für die Prüfungen des Bezirksamtes im Jobcenter Berlin Mitte gibt es keinen vorgegebenen Prüfrhythmus. Eine Prüfung ist in 2017 nicht erfolgt, weil die Prioritäten bei den Prüfungen im Amt für Soziales lagen. Eine Prüfung erfolgt voraussichtlich Ende des Jahres 2018/ Anfang des Jahres 2019. Stichprobenartige Prüfungen wurden nicht durchgeführt.

Zu Frage 5:

Die Schwerpunktthemen aus dem SGB II und SGB X wurden entsprechend bei der Qualifizierungsplanung des Jobcenters Berlin Mitte berücksichtigt.

Zu Frage 6:

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stellt eine äußerst komplexe Rechtsmaterie dar, in der stets dem individuellen Einzelfall Rechnung getragen werden muss. Die Bescheiderteilung erfordert eine sehr hohe Fachlichkeit, um dem Individualprinzip gerecht zu werden. Regelmäßige Änderungen im Gesetz, den Fachlichen Weisungen und der Rechtsprechung führen dazu, dass eine Konstanz bei der Berücksichtigung von Tatbeständen nicht immer zu gewährleisten ist. Durch regelmäßige fachliche Unterweisungen sollen Fehler behoben und vermieden werden.

Zu Frage 7:

Im Rahmen der Beantragung von Leistungen werden die Kund*innen bereits umfassend persönlich, mittels Informationsschreiben und Merkblättern durch die Beschäftigten des Jobcenters Berlin Mitte beraten sowie auf leistungsrelevante Unterlagen und Angaben hingewiesen. Dennoch passiert es, dass erst im Nachgang einer Bescheiderteilung weitere Unterlagen und neue Informationen durch die Kund*innen zur Verfügung gestellt werden. In der Regel haben dies nicht die Beschäftigten des Jobcenters Berlin Mitte zu vertreten.

Zu Frage 8:

Die letzte umfangreiche Gesetzesänderung trat im Jahr 2016 durch das 9. SGBIIÄndG vom 26.07.2016 ein. Die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und §§ 35 und 36 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AV-Wohnen) wurden zum 01.07.2015 und 01.12.2015 fortgeschrieben. Darüber hinaus erfolgen ständige Aktualisierungen sowie Anpassungen der Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit an die geltende Rechtslage. Diese können ggf. unter https://www.arbeitsagentur.de/veroeffentlichungen/weisungen eingesehen werden.

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Für Rückfragen steht Ihnen der Fraktionsvorsitzende, Eckhard Paetz telefonisch unter 030/22187848 oder per Mail presse@afd-fraktion-mitte.de zur Verfügung.