Milieuschutz – alles oder nichts? (Drucksache – 0746/V)
10. Oktober 2017

Große Anfrage der AfD-Fraktion BVV Berlin Mitte vom 10.10.2017
Initiator: Fraktion der AfD (Herr Paetz, Herr Torno)
Wir fragen das Bezirksamt:

1.Das Objekt in der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin befindet sich unstreitig in einem Milieuschutzgebiet. Hat das Bezirksamt Kenntnis über die aktuellen Eigentumsverhältnisse des Objektes in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin?

2. Wenn ja, hat es in dem letzten halben Jahr einen Eigentümerwechsel gegeben?

3. Am 21.04.2016 fand eine durch die Hausverwaltung veranlasste Begehung aller Wohnungen des Objektes in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, durch den Schornsteinfegermeister statt. Die Wohnungen in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, besitzen weder einen Schornstein noch ähnliche bauliche Eigenschaften, die eine Begehung durch einen Schornsteinfegermeister rechtfertigen würden. Ist dem Bezirksamt dieses Vorgehen seitens der Hausverwaltung bekannt?

4. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden die Baumaßnahmen in dem Objekt Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, vom 03.11.2016 – 10.11.2016 durchgeführt?

5. Nach erfolgter Rücksprache mit dem Sprecher der Mieterschaft des Objektes Utrechter Str. 31, 13347, wurde den Mietern ein Informationsschreiben in die Türspalte geschoben. Das Schreiben datiert vom 13.07.2017. In dem Schreiben vom 13.07.2017 wurde der Mieterschaft zum 19.07.2017 umfangreiche Modernisierungs- und Instandssetzungsmaßnahmen angekündigt. Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert die Ankündigung und Durchführung der angekündigten Arbeiten?

6. Die Mieter hatten einige Fragen an die in dem Schreiben vom 13.07.2017 erwähnte Fachfirma, die die Baumaßnahmen hätte durchführen sollen. Die Mieter stellten allerdings fest, dass die erwähnte Fachfirma unter der angegeben Adresse nicht auffindbar war. Inwieweit toleriert das Bezirksamt dubiose und rechtlich fragwürdige Praktiken von Baufirmen, die für die Mieterschaft nicht zu erreichen sind?

7. Mit Schreiben vom 02.08.2017 entschuldigte sich die bisherige bekannte Eigentümerin bei der Mieterschaft für das Schreiben vom 13.07.2017. Die Art und Weise und die Form der Zustellung des Schreibens vom 13.07.2017 an die Mieterschaft war angeblich nicht im Sinne der Eigentümerin. Die Eigentümerin teilte den Mietern mit, dass es angeblich nicht geplant sei, die Telefonleitungen von der Fassade in die Treppenhäuser zu verlegen. Stattdessen hat die Eigentümerin ohne Antrag die Telefonleitungen außerhalb des Gebäudes widerrechtlich unter Putz gelegt. Ist dem Bezirksamt dieser Umfang des Rechtsverstoßes bekannt?

8. Mit Schreiben vom 02.08.2017 bot die Eigentümerin der Mieterschaft wegen den in der Vergangenheit durchgeführten Baumaßnahmen an, rückwirkend ab dem 01.07.2017 die Miete um 5 % zu mindern. Die Eigentümerin hat offen eingeräumt, dass es Baumaßnahmen trotz des Milieuschutzes gegeben hat. Die Durchführung der Baumaßnahmen stellt einen Widerspruch zum Schreiben der Eigentümerin vom 02.08.2017 dar. Ist dem Bezirksamt dieser Umfang des Rechtsverstoßes bekannt?

9. Der anfragenden AfD-Fraktion liegt der E-Mail Verkehr vom 15.09.2017 – 20.09.2017 zwischen einer Mieterin der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin und des Stadtentwicklungsamtes – Fachbereich Stadtplanung – vor. Wie rechtfertigt das Bezirksamt die Tatsache, dass die bisherige bekannte Eigentümerin, nachträglich Anträge für die Fassaden und für die Wohnung im Quergebäude, trotz Milieuschutz, stellen kann und darf?

10. In dem vorliegenden E-Mail Verkehr zwischen der Mieterin und des Stadtentwicklungsamtes – Fachbereich Stadtplanung – ist die Rede davon, dass die Baustops aufrecht erhalten bleiben, bis auch für die Fassade und für die Wohnung im Quergebäude 3. OG entsprechende Anträge gem. § 173 BauGB gestellt werden. Die Mitarbeiterin des Stadtentwicklungsamtes – Fachbereich Stadtplanung – versicherte der Mieterin, dass die Basicht die Baustelle angeblich im Auge behalten wird. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass trotz Verhängung des Baustops Baumaßnahmen im 3. OG in der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin durchgeführt worden sind? Auf die in der Anlage befindliche Fotoaufnahme wird Bezug genommen.

11. Im Nachhinein wurden alle gestellten Anträge der bisherigen bekannten Eigentümerin durch das Stadtentwicklungsamt – Fachbereich Stadtplanung, trotz Milieuschutz, genehmigt. Inzwischen wurden alle die in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, befindlichen Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Wieso stellt das Bezirksamt, insbesondere das Stadtentwicklungsamt – Fachbereich Stadtplanung – der bisherigen bekannten Eigentümerin und dubiosen Baufirmen für deren Machenschaften zur Verdrängung von Mietern einen Freifahrtschein aus?

12. Ist dem Bezirksamt bekannt, ob die umgewandelten Eigentumswohnungen in dem betreffenden Objekt bereits verkauft worden sind?

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Antwort des Bezirksamtes am25.11.2017:
Zu Frage 1:
Es fand am 23.11.2015 ein Eigentümerwechsel zur HaMa Berlin Realitäten Gmbh & Co. Ut-rechter Straße 31 KG statt.
Zu Frage 2:

Siehe Beantwortung zu Frage 1. Da das Haus in Einzeleigentum umgewandelt ist (siehe hierzu Frage 11) und der Gemeinde bei Verkäufen nach dem Wohnungseigentumsgesetz kein Vorkaufsrecht zusteht, liegen dem Bezirksamt diesbezüglich auch keine Erkenntnisse vor. Die Weiterveräußerung einzelner Wohneinheiten ist nicht mit vertretbarem Aufwand zu ermitteln.

Zu Frage 3:

Nein. Nach Auskunft des zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers handelte es sich bei der Begehung nicht um eine hoheitliche Schornsteinfegertätigkeit nach dem Schornsteinfegerhandwerkergesetz (SchfHwG). Vielmehr wurde der Schornsteinfegerbetrieb zivilrechtlich mit der Erstellung eines Belegungsplanes für die Schornsteine des mit Fern-wärme versorgten Hauses beauftragt.

Zu Frage 4:

Voraussetzung für die Beantwortung dieser Frage wäre die explizite Aufklärung, um welche Maßnahmen es sich konkret handelt. Diese Recherche ist innerhalb der Frist zur Beantwor-tung dieser Anfrage leider nicht möglich.

Zu Frage 5:

Die Ankündigung und Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 555c. . In den Fällen, in denen dem Bezirksamt Erkenntnisse vorliegen, wonach gegen öffentliches Recht verstoßen wird, geht die Verwaltung gegen den Eigentümer vor. Soweit das Vorgehen in das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter eingreift, erhalten die Mieter Unterstützung und Beratung durch die Mieterberatung. Sowohl die Bauaufsichtsbehörde als auch die vom Bezirk beauftragte Mieterberatung sind hier aktiv tätig geworden.

Zu Frage 6:

Die Beauftragung von Baufirmen zur Durchführung von Baumaßnahmen obliegt dem Eigentümer/Hausverwaltung des Objektes. In den Fällen, in denen dem Bezirksamt Erkenntnisse vorliegen, wonach gegen öffentliches Recht verstoßen wird, geht die Verwaltung gegen den Eigentümer vor. Soweit das Vorgehen in das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter eingreift, erhalten die Mieter Unterstützung und Beratung durch die Mieterberatung. Sowohl die Bauaufsichtsbehörde als auch die vom Bezirk beauftragte Mieterberatung sind hier aktiv tätig geworden.

Zu Frage 7:

Das Verlegen einer Telefonleitung ist bauplanungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Fassadensanierung mit Rauhputz ist Gegenstand des Genehmigungsbescheides und wurde vom Eigentümer/Hausverwaltung im Rahmen der Antragspflicht der §§ 172, 173 BauGB beantragt und genehmigt. In den Fällen, in denen dem Bezirksamt Erkenntnisse vorliegen, wonach gegen öffentliches Recht verstoßen wird, geht die Verwaltung gegen den Eigentümer vor. Soweit das Vorgehen in das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter eingreift, erhalten die Mieter Unterstützung und Beratung durch die Mieterberatung. Das Zuwiderhandeln der Eigentümerin entgegen etwaiger getätigter Absprachen mit den Mietern des Objektes ist privatrechtlich zu klären.

Zu Frage 8:

Ja, die an diesem Objekt festgestellten Baumaßnahmen, die genehmigungsbedürftig sind, jedoch ohne Genehmigung ausgeführt wurden, wurden durch einen Baustopp vom 06.09.2017 bis 28.09.2017 unterbunden. In den Fällen, in denen dem Bezirksamt Erkenntnisse vorliegen, wonach gegen öffentliches Recht verstoßen wird, geht die Verwaltung gegen den Eigentümer vor. Soweit das Vorgehen in das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter eingreift, erhalten die Mieter Unterstützung und Beratung durch die Mieterberatung.

Zu Frage 9:

Grundsätzlich dient die Festsetzung einer sozialen Erhaltungsverordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB keineswegs dazu, notwendige bauliche Maßnahmen zu verhindern. Die Verordnung begründet lediglich einen Genehmigungsvorbehalt des Fachbereiches Stadtplanung. Die Eigentümerin „kann und darf“ bzw. muss für die in den Vorschriften geregelten Maßnahmen Anträge stellen. Eine Genehmigung hängt davon ab, ob die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Anträge zum Objekt Utrechter Straße 31 wurden in Folge umfassender Beratungstätigkeit der Verwaltung inzwischen soweit modifiziert, dass sie den erhaltungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalten entsprechen. Sie wurden unter der Voraussetzung der Einhaltung der Verordnungsmieten erhaltungsrechtlich genehmigt.

Zu Frage 10:

Die Bauaufsichtsbehörde hat mehrfach Vorortbegehungen durchgeführt und Baustopps ausgesprochen. Dies wurde so auch gegenüber den Mietern kommuniziert. Der Baustopp für die Fassadenarbeiten und für die Wohnung im Quergebäude 3. OG links wurde am 28.09.2017 aufgehoben, nachdem für diese Maßnahmen eine Genehmigungsfä-higkeit in Aussicht gestellt werden konnte.
Zu Frage 11:

Die Festsetzung einer sozialen Erhaltungsverordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB dient keineswegs dazu, notwendige bauliche Maßnahmen zu verhindern. Die Verordnung begründet lediglich einen Genehmigungsvorbehalt des Fachbereiches Stadtplanung. Die Anträge wurden in Folge umfassender Beratungstätigkeit der Verwaltung inzwischen soweit modifiziert, dass sie den erhaltungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalten entsprechen. Sie wurden unter der Voraussetzung der Einhaltung der Verordnungsmieten erhaltungsrechtlich genehmigt. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erfolgte bereits am 15.12.2016. Laut BGH-Beschluss V ZB 198/15 vom 12.10.2016 sind Eintragungsanträge, die dem Grundbuchamt vor Inkrafttreten der Erhaltungsverordnung (hier 26.5.2016) vorlagen, genehmigungsfrei (Vertrauensschutz des Eigentümers). Da der Teilungsantrag für das Grundstück dem Grundbuchamt bereits vor dem 26.5.2016 vorlag, wurde das Grundstück am 15.12.2016 genehmigungsfrei umgewandelt.

Zu Frage 12:

Nur in den Fällen, wo die Gemeinde in Milieuschutzgebieten die Begründung von Wohneigentum gem. §172 (4),Satz 3, Nr.6 BauGB genehmigt hat, wird gesichert und kontrolliert dass der Verkauf innerhalb von 7 Jahren nur an Mieter erfolgt. In dem Fall Utrechter Str. 31, in dem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen auflagenfrei genehmigt werden musste, steht der Gemeinde bei Verkäufen nach dem Wohnungseigentumsgesetz kein Vorkaufsrecht zu, sodass hierüber auch keine Erkenntnisse vorliegen. Eine entsprechende umfassende Recherche hierzu ist uns mit vertretbarem Arbeitsaufwand leider nicht möglich.
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